Das Landgericht im ehemaligen Lüneburger Schloss
Landgericht im ehemaligen Lüneburger Schloss
Das am Marktplatz in Lüneburg gelegene Schloss ist im Auftrage des letzten Celler Herzogs Georg Wilhelm 1696 - 1698 errichtet worden. Mit der Planung des Barockbaus war Borchmann beauftragt, der auch das v. Bernstorff’sche Schloss in Gartow gebaut hat.
Das am Marktplatz errichtete Schloss ist kein Neubau, sondern aus der Zusammenfassung von drei Häusern entstanden, nämlich aus einem gotischen Backsteinbau von etwa 1550 (datierbar an Hand der noch im Mauerwerk unter dem Putz vorhandenen Formsteine mit Ziegelstempeln [Rosette]) und einem Renaissance-Doppelhaus des Bürgermeisters und Patriziers Franz Witzendorff (Bruder des Hartwig Witzendorff, dessen Haus (sog. Heinehaus) wenige Meter weiter an der Ecke Burmesterstraße/Am Ochsenmarkt steht). Unter dem Putz sind noch heute die Mauern dieser Vorgängerbauten vorhanden.
Aus dem erwähnten Doppelhaus stammt der im zweiten Stock des Landgerichts im Fußboden zu sehende bemalte Balken. (Wegen der Holzknappheit im Lüneburger Raum (Saline!) wurde brauchbares Holz der Vorgängerbauten als Bauholz verwandt). Die auf dem Balken wiedergegebenen Köpfe stellen Bildnisse oströmischer Kaiser dar, beginnend mit Constantinus Ducas. Bemerkenswert sind die daneben angegebenen Jahreszahlen (z.B. Balduinus Anno 5189). Dabei handelt es sich um eine im 16. Jahrhundert aufgekommene Jahreszählung ab Erschaffung der Welt (indem man einfach die in der Bibel enthaltenen Lebens- und Herrschaftsdaten zusammenrechnete). Für Christi Geburt kam Melanchton dabei auf die Jahreszahl 3961 (5189 entspricht somit dem Jahr 1228 unserer Zeitrechnung).
Das Schloss wurde als Sitz für die Herzogin Eleonore Desmier d`Olbreuse errichtet,damit diese nach dem Tod des Herzog Georg Wilhelm von hier aus ihre auf das Schlösschen Ahlden verbannte Tochter Sophie Dorothea besuchen konnte, ohne dass der Hof in Hannover dies jedesmal erfuhr. (Die mit dem Herzog Georg von Hannover (dem späteren englischen König Georg I) verheiratete Sophie Dorothea hatte ein Verhältnis mit dem Grafen Königsmarck. Als dies bekannt wurde, ließ man Königsmarck ermorden; Sophie Dorothea wurde für den Rest ihres Lebens nach Ahlden verbannt. Nachkommen sind u.a.:Friedrich der Große, Elisabeth II. von Großbritannien). Eleonore hat in dem Lüneburger Schloss nach dem Tode ihres Ehemannes von 1706 bis 1717 residiert.
Das Schloss war von dem Italiener Perinetti mit Stuckdecken ausgestattet worden, von denen nur noch wenige erhalten sind. Besonders ansprechend sind die Stuckdecke in der Eingangshalle und in dem darüber befindlichen Audienzsaal. ("Eleonorenzimmer", Saal 109). In den Spiegeln der Stuckdecken finden sich - für einen Barockbau ungewöhnlich - keine Malereien. Möglicherweise ist dies darauf zurückzuführen, dass die Herzogin Hugenottin war (von Ludwig dem XIV. aus Frankreich vertrieben) und den Audienzsaal sonntags für die kleine Gemeinde der Hugenotten als Gottesdienstraum benutzte.
Weitere Stuckdecken befinden sich im Erdgeschoss in Saal 9 und Saal 12.
Seit 1925 beherbergt das Schloss das Lüneburger Landgericht. Damit ist die Justiz in die Nähe der Stadtgerichtsbarkeit (Niedergericht unter den rechten Gewölben der Rathausfassade; Obergericht in der Gerichtslaube des Rathauses) zurückgekehrt.
In Saal 12 hängt hinter dem Richtertisch ein Gemälde des Düsseldorfer Malers Brütt "Gogericht". Der dazu von Brütt gefertigte Entwurf, eine Graphitzeichnung, befindet sich als Leihgabe im Ratssaal der Gemeinde Bergen (bei Celle).
1987 sind im Schloss unter abgehängten Decken verschiedene Stuckdecken gefunden und freigelegt worden. In den Nischen im an die Eingangshalle anschließenden Flur im Erdgeschoss standen früher Standbilder der Billunger als Vorfahren der Lüneburger Herzöge. Die in den Nischen befindlichen Gurtbänder sind mit Arabesken verziert (noch verborgen unter dem weißen Überstrich). Die Decke dieser Flures ist mit Girlanden bemalt, die noch auf ihre Freilegung harren. Nächsten Generationen bleibt daher noch einiges zu entdecken.
Die Fenster im ersten Stock (im Flur des Treppenhauses sowie ein Fenster im Ostflügel) stammen teilweise noch aus der Errichtungszeit. Die Rahmen dieser Fenster waren teilweise (Fenster im Ostflügel) im Sommer herausnehmbar, sodass der Eindruck von Arkaden entstand. Heute sind die Vorrichtungen noch sichtbar vorhanden, aber überstrichen.
Links neben dem Schloss steht der sog. Küchenpavillon. Dies Gebäude ist deswegen erwähnenswert, weil die Stadt Lüneburg 1381 dem Herzog beim Bau des "Herzogen Hus" (Ecke Ochsenmarkt/Reitende Dienerstraße) nicht erlaubt hatte, eine Küche zu unterhalten. Dafür hatte sich der Rat der Stadt Lüneburg vertraglich verpflichtet, den Herzog und seine Ministralen während seiner Anwesenheit in Lüneburg aus der Ratsküche zu verpflegen. Bei der Abreise nach Celle musste er seine Verwaltungsbeamten mitnehmen, da diese sonst hätten hungern müssen (zwar gab es wie in vielen Städten so auch in Lüneburg zahlreiche Braustuben, vom Biere allein ließ sich aber schon damals schlecht leben). Diesen Vertrag hielt der Rat über mehr als ein Jahrhundert ein. Erst beim Neubau des Schlosses 1698 hat der Herzog sich gegen die Stadt Lüneburg durchgesetzt und eine Schlossküche gebaut.
Bald nach dem Einzug des Land- und des Amtsgerichts in das alte Schlossgebäude ist ein großer Flügel für die Staatsanwaltschaft an der Bardowicker Straße angebaut worden. Leider musste dazu ein Wietzendorff’sches Haus abgerissen werden. Die daran angebrachten Köpfe sind nun im Patriziersaal des Museums für das Fürstentum Lüneburg in Lüneburg in der Wandrahmstraße ausgestellt. Inzwischen hat sich die Gerichtsbarkeit so stark ausgedehnt, dass es sowohl für das Amtsgericht als auch für die Staatsanwaltschaft ein gesondertes Gebäude gibt.